Die Welt ist ein Dorf

Dienstag, 27.06.2017

Vor den Unterkünften der Grand Canyon Lodge stehen Holzbänke, von denen man nicht nur einen schönen Blick auf den Wald hat, sondern die auch die Kommunikation zwischen den Nachbarn befördern. So kamen wir am gestrigen Abend in Kontakt mit Familie S. Frank ist 82 Jahre alt, sieht viel jünger aus, war Börsenmakler und hat zwei Kinder aus seiner ersten Ehe. Seine zweite Frau heisst Leslie Ann, ist deutlich jünger und hat keine Kinder. Frank war 1958 als Soldat in Schweinfurth. Vor 17 Jahren unternahmen sie eine 45-tägige Reise um die Welt, durch Europa, via Singapur, Perth, Darwin, Sidney, zu den Tonga- und den Fidschi-Inseln, von ihm selbst geplant. Sie schwärmten von einer Bahnreise von Montreal nach Vancouver und kannten auch den Rhein von einer Bootsfahrt. Sein junges Äußeres führt Frank auf den täglichen Genuss von frischem Obst zurück, bevorzugt aus seinem eigenen Garten. Und dann stellte sich heraus, dass sie in North Stanford wohnen, 10 Meilen von Fresno in Kalifornien entfernt, der Partnerstadt von Münster, und dass sie Münster kennen, weil eine Nachbarin von ihnen bereits einmal im Rahmen der Städtepartnerschaft dorthin gereist war. Die Welt ist ein Dorf. Von den beiden erhielten wir dann auch drei Pflaumen geschenkt, Sorte Sankt Antonius (oder ähnlich), die drei Früchte in unterschiedlichem Reifestadium, die grüne zu unreif, die beiden anderen aber genießbar. Frank gab dann auch noch Tipps für die weitere Reise mit.

Einer dieser Tipps war Marble Canyon. Wir hielten es für einen Canyon (und den mag es wohl auch geben), es ist aber der Name eines Ortes, mehr eines Örtchens, wegen der dortigen Ruhe kann man auch sagen, eines "stillen  Örtchens". Dort liegen auch einige Felsen wie Murmeln herum. Interessant ist aber die in der Nähe befindliche historische Brücke über den Colorado, von 1928, genannt Navajo-Brücke. Vor dem Bau der Brücke gab es eine Fähre. Einer der Fährschiffer war Mormone und hatte 20 Kinder mit zwei Frauen, wobei aus den Informationen nicht hervorging, ob er mit den beiden Frauen gleichzeitig oder nacheinander verheiratet war.

Das Navajo National Monument befindet sich in der Nähe eines Canyons, in dem Indianer vor rund 1.000 Jahren gelebt haben, was durch entsprechende Funde belegt wird, die im kleinen Museum des Visitor Centers ausgestellt sind. Am dort beginnenden Sandal Trail sind zahlreiche Informationstafeln über Gewächse, Geologie und Indianerhistorie aufgestellt. Der Weg endet an einem Vorsprung, von dem man auf die überstehenden Felswände schauen kann, unter denen die Menschen damals gelebt haben. Für diese Art des Siedelns existiert ein Fachbegriff, der uns aber augenblicklich entfallen ist, was wohl auf unser Alter zurückzuführen ist. Vielleicht kann jemand helfen.

Übernachtet wird in Kayenta AZ. Das Hampton Inn Hilton ist einigermaßen annehmbar, aber der Ort ist ein Kaff. Die Reisegruppe ist also in Arizona angekommen, wieder mit einer Stunde Zeitverschiebung (mal vor, mal zurück). Die lange, zeitweilig einsame Fahrt führte an vielen roten Tafelfelsen vorbei, wie man sie auch von Zigarettenreklamen aus früherer Zeit kennt.