Sehr patriotisch

Sonntag, 02.07.2017

Was unternimmt ein guter Bürger am Sonntagmorgen? Er geht in die Kirche! Nun ging die Reisegruppe zwar nicht in eine Kirche, aber zu einem Chorkonzert. Der Mormon Tabernacle Chor mit dem Mormon Tabernacle Orchstra tritt üblicherweise in der Tabernacle Concert Hall auf, an diesem Sonntag aber in der Halle des Mormon Conference Building. Nachdem die Reisegruppe noch den Temple Square visitiert hatte, ging es mit vielen sonntäglich gekleideten Familien in die riesige Halle. Von den 20.000 Plätzen waren gut zwei Drittel besetzt, also über 10.000 Menschen. Vor Kopf beherrschte eine riesige Orgel die Bühne. Etwa 100 einheitlich in lila Umhänge gekleidete Damen und etwa 100 Herren in schwarzem Anzug mit weißem Hemd bildeten den stimmgewaltigen Chor. Das Orchester bestand aus ebenfalls nahezu 100 Musikern, dabei sehr viele Streicher (Geigen und Celli), aber auch eine kräftige Bläsergruppe. Gespielt und gesungen wurden in der guten halben Stunde ein oder zwei spirituelle Lieder, dann aber rein patriotische, wie Stars and Stripes, This is a great Country, America the beautiful. In einer kurzen Ansprache wurde betont, dass alles, was man in Amerika erreicht hat, nie die Leistung eines Einzelnen gewesen sei, sondern die eines Teams, und dass es deshalb immer auf den Zusammenhalt ankäme, in der Familie und in der Gesellschaft. Auf zwei riesigen Leinwänden wurden Bilder von Chor und Orchester eingeblendet, unterbrochen von den Naturschönheiten der USA, besonders von Utah, aber auch die Freiheitsstatue, die Wolkenkratzer von New York, Chicago u.a. Und immer wieder lachende junge Menschen, die laufend die Nationalfahne über sich flattern ließen, Fahnenmeere der Stars und Stripes, aber auch Soldatenfriedhöfe. Die musikalische Wirkung war bei der hervorragenden Akustik enorm. Es wurde darauf hingewiesen, dass der ehemalige Präsident Reagan betont habe, dass hier die patriotischste Veranstaltung der gesamten USA stattfände, und das an jedem Sonntag.

Danach besuchte die Reisegruppe das historische  Beehive-Gebäude, in dem der Mormonenführer Brigham Young um 1860/70 wohnte und residierte. Zwei junge Damen, eine aus Thailand und die andere vermutlich aus Korea, führten die kleine Besuchergruppe. Dabei erzählte die Thailänderin von sich, dass sie als Buddhistin aufgewachsen sei, dann sieben Jahre lang dem Protestantismus anhing und seit zwei Jahren Mormonin sei. Sie habe sich für eineinhalb Jahre verpflichtet, Aufgaben in Salt Lake City zu übernehmen. So erklärt es sich auch, dass mehr als die Hälfte der sichtbaren Mormonen junge hübsch individuell gekleidete Damen sind. Zum Abschied wurde das Buch Mormon angeboten, was die Reisegruppe mit der Begründung ablehnte, sie sei der englischen Sprache nicht ausreichend mächtig, doch da kam das Angebot, das Buch auf Deutsch mitzunehmen, was die Gruppe aber auch höflich ablehnte. Es fiel auf, dass nur sehr zaghaft missioniert wurde, dass nie um Spenden gebettelt wurde, ja, dass noch nicht einmal Spendenbehälter aufgestellt sind.

Dann war es an der Reihe, etwas für die historische Bildung zu tun, wozu der This is the Place State Park angefahren wurde. Am Eingang stand ein Schild mit der Aufschrift: " 1/2 off". Die Reisegruppe rätselte über die Bedeutung: Halb offen? Am 1. und am 2. (Juli) geschlossen (denn das zugehörige Museumsdorf war gesperrt)? Oder alle Waren im Shop des Visitor Centers sind zum halben Preis erhältlich? Was auch immer: es blieb nicht anderes übrig, als sich auf den nicht gesperrten Part des Parks zu beschränken, dabei diverse Denkmäler, so für den Pony-Express und besonders über die mormonische Vergangenheit, die prophetische Gabe des Religionsgründers, die Vertreibung aus Illinois, der Treck, die Pionierzeit, die Bildung eines Mormonenregiments usw.

Danach sollte zum Great Salt Lake gefahren werden. Im Internet war eruiert worden, dass die Orte Bountiful, Centerville und Farmington am See lägen, doch war dort kein Zugang zum Wasser auszumachen. Ist der See vielleicht bereits ausgetrocknet?

Mittags 95 ºF.

Beim Abendessen in einem Diner hieß es zur Bestellung von Bier: "Not in Utah!" Beim Anblick mancher hier herumlaufender Menschen sollten die Utahner besser ein Verbot von Gerichten über 500 kcal bedenken.